Letzte Woche war bei uns im Stall einiges los. Zwei neue Pferde sind eingezogen. Dieser Moment ist sowohl für Pferde, als auch Pferdebesitzer immer sehr spannend und nervenaufreibend. Wie verhalten sich die Pferde miteinander? Gibt es Geraufe und Gerenne? Stehen die Zäune am nächsten Morgen noch? Und die große Frage, wie wird die Rangordnung geklärt?
Es langsam angehen lassen…
Jetzt ist es so, dass wir unsere Neuzugänge erstmal in einen Bereich unterbrachten, welcher an die Koppel der bestehenden Herde grenzte. Die Heuraufe platzierten wir in der Mitte, so dass die Pferde sich nicht zu nahe kommen, wohl aber gemeinsam „socializen“, in diesem Fall fressen können.
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Und siehe da, die Begrüßung über den Zaun hinweg verlief sehr ruhig und unaufgeregt. Die Herde empfand die zwei Neuen wohl als nicht allzu großen Störfaktor in ihrem Territorium.
Spannend wird es allerdings noch, wenn in ein paar Tagen die Zäune geöffnet und die Pferde auch wirklich zusammengeführt werden. Denn dann wird sich die Herde für ihr zukünftiges Zusammenleben neu strukturieren.
Bleibt der bestehende Herdenchef Boss oder wird ihm einer von den Neuen den Rang ablaufen? Muss dann gerangelt und gekämpft werden oder wird die Cheffrage mit subtilen Mitteln geklärt? Welche neuen Beziehungen entwickeln sich und bleiben bisherige Konstellationen bestehen? Dann geht es natürlich auch noch darum, ob die Herde ein Wir-Gefühl entwickeln kann, oder ob sich Grüppchen herauskristallisieren, die sich auch räumlich unterschiedlich durch den Stall bewegen und ob sich Freundschaften entwickeln, die vielleicht sogar über Rangordnung gehen.
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Mit dem Sortieren der Rangordnung geht es auch um die Verteilung von Aufgaben und Rollen. Wer beschützt und wer muss beschützt werden? Wer bestimmt wann sich die Herde wohin begibt und wann Gefahr im Verzug ist? Wer darf zuerst fressen? Wer darf noch frech und spielerisch sein und wer muss sich benehmen? Wer sorgt für Harmonie, wenn sich andere streiten? Und wer schiebt Wache, wenn alle schlafen? Das alles braucht Zeit, denn harmonische Gruppendynamik kann nur dann entstehen, wenn alle offenen Fragen zu Positionen und Rollen einigermaßen geklärt sind.
… und beim Menschen?
Auch in der menschlichen Welt ist es spannend zu beobachten, wie eine Gruppe mit Neuzugängen umgeht und andersherum. Hier gibt es unzählige vergleichbare Situationen: Neue Arbeitskollegen in Team, Familienzuwachs, insbesondere in Patchworkfamilien oder neue Mitbewohner in einer Studenten-WG. Auch in diesen Dynamiken müssen sich beide Parteien kennen lernen und aufeinander einstellen.
Ein paar Unterschiede zur Pferdeherde
In der menschlichen Welt ist der Integrations-Prozess oftmals wesentlich schneller, als in einer stallbedingten Pferdeherde. Das Beschnuppern über den Zaun und das gemeinsame Fressen an der Heuraufe entfällt.
In der menschlichen Welt gibt es zudem Situationen, in denen wir unsere Neuzugänge auswählen dürfen. In Studenten-WGs gibt es hierzu ziemlich komplizierte Mitbewohnerauswahlverfahren, in denen man zu 20st im Kreis sitzen und jeder aufzählen muss, was man alles kochen kann. Hier können wir uns also unsere „Herde“ ganz bewusst aussuchen und haben eine höhere Chance auf eine schnelle harmonischere „Herdendynamik“. Hierbei spielen Beziehungen und emotionale Bindungen oftmals eine wesentlich wichtigere Rolle als in einer Pferdeherde.
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Ganz anders sieht das aus in der Arbeitswelt. Hier kann sich die ganze Geschichte als sehr komplex herausstellen, weil Neuzugänge oftmals aufgrund von logischer Aufgabenverteilung und „von oben“ vorgegeben in ihr Team integriert werden. Das Team hat hierbei oftmals kein Mitspracherecht. Beziehungen und Rangordnung spielen zumindest vordergründig zu Beginn eine geringere Rolle, können sich aber auf lange Zeit als wichtige Faktoren entpuppen, die bestimmen, ob und wie eine Teamdynamik funktioniert.
Das Wir-Gefühl entwickeln
Wie auch immer die Umstände einer Integration von Neuzugängen verlaufen, schlussendlich wollen wir alle das Wir-Gefühl, die perfekte “Herdendynamik”, entwickeln.
Und das ist oft gar nicht so einfach. Denn gerade in zusammengewürfelten Teams macht sich immer wieder der Spagat zwischen Individualität und bestmöglicher Zusammenarbeit mit dem Ziel ein gutes Ergebnis zu erlangen, bemerkbar.
Schnelles Funktionieren steht dabei in der Arbeitswelt in der Regel über einem langsamen Zusammenwachsen. Dabei liegt oft in letzterem das wahre Potential des Teams verborgen.
Nur wer sich untereinander mit den jeweiligen Stärken und Schwächen, aber auch mit den Erwartungen und Wünschen gut kennt, kann optimal zusammenarbeiten.
Im pferdegestützten Teamcoaching nehmen wir gemeinsam das Miteinander im Team in den Blick. Dabei geht es sowohl um die Kommunikation und die Beziehungen zwischen den einzelnen Teammitgliedern aber auch um die Rollen, die jeder im Zusammenspiel hat.
Auf diesem Weg helfen wir, gemeinsam mit den Pferden, dabei, dass das Team gut harmoniert und gerade deshalb zu den bestmöglichen Ergebnissen kommt.