“Was passiert eigentlich im pferdegestützten Coaching?” werde ich immer wieder gefragt… oder auch: “Was macht das pferdegestützte Coaching denn zu etwas Besonderem, was ist daran anders, als an einem normalen Coaching?”
Ich möchte mich diesen Fragen hier auf dem Blog immer wieder anhand konkreter Beispiele annähern. Denn pferdegestütztes Coaching schöpft seine Kraft hauptsächlich aus dem eigenen Erleben und weniger aus der theoretischen Erklärung und ich hoffe, dass durch das beispielhafte Erzählen ein bisschen von diesem eigenen Erleben auch bei dir ankommt.
Der Fall Herr H.
Ich habe vor einiger Zeit einen Mann – nennen wir ihn Herrn H. – begleitet, der gerade auf dem Weg in den Ruhestand war. Nach langen Jahren als Führungskraft ging es nun darum, sich im Leben neu auszurichten und zu schauen, was es braucht, um diesen nächsten Lebensabschnitt so zu leben, wie er es sich wünscht.
Ich möchte hier immer wieder sowohl aus seiner als auch aus meiner eigenen Perspektive einige Situationen aus dem Prozess beschreiben, die veranschaulichen, was denn nun in so einem pferdegestützten Coaching passieren kann.
Kein Coaching ohne Auftrag
Egal ob Coaching mit, oder ohne Pferde. Der Auftrag des Menschen, der ins Coaching kommt, ist für unsere Arbeit immer entscheidend! Denn letzten Endes sind es dieser Mensch und sein Leben, um die es im Coaching geht. Der erste Schritt im pferdegestützten Coaching ist also immer, zu klären, um was es denn konkret geht und was der Auftrag ist. Dieser Prozess kann durchaus auch mal etwas länger dauern, denn nicht immer ist einem Menschen schon von Anfang an klar, um was es wirklich gehen soll.
Der große Traum vom Pferd…
Obwohl Herr H. in seinem bisherigen Leben kaum Kontakt zu Pferden hatte, träumte er davon, das Kutschefahren zu erlernen. Seine Entscheidung für das pferdegestützte Coaching hatte viel mit diesem Traum zu tun, denn sein Anliegen an das Coaching war, Grundlagen im Umgang mit dem Pferd zu erlernen und gleichzeitig eine Begleitung beim Ausstieg aus dem Berufsleben zu haben.
Dieses Anliegen war allerdings noch nicht der tatsächliche Auftrag, den wir erst im Lauf der Zeit herausarbeiteten.
Der Prozess mit Herrn H. begann daher mir der Frage, welche Wünsche und Hoffnungen er mit dem Thema Pferde und Kutschefahren verbindet. Dieser Einstieg war für ihn einerseits eine Herausforderung, andererseits war er für mich wichtig, um die unbewussten Bedürfnisse herauszufinden, die mit dem Wunsch – das Kutschefahren zu erlernen – verbunden sind. Denn diese unbewussten Bedürfnisse sind es oft, die wir berücksichtigen müssen, um den tatsächlichen Auftrag zu klären.
Schnell wurde klar: es geht um den Wunsch nach Freiheit und der Auftrag an mich als Coach aber auch an die Pferde war, Herrn H. bei seinem Weg in mehr gefühlte Freiheit zu unterstützen.
Was wäre, wenn ich mir selbst wichtig wäre?
Wie sich im späteren Verlauf des Prozesses herausstellte ging dieses Thema tiefer, als es Herrn H. zu Beginn gedacht hatte. Immer wieder fiel auf, dass Herr H. zu Beginn unserer Sitzungen davon sprach, dass er unsicher gewesen sei, ob er überhaupt zu den Pferden kommen solle. Er äußerte dies so, dass er nicht sicher sei, das “Richtige” zu tun: während er sich etwas gönne/ sich erlaube, sich selbst etwas Gutes zu tun, bleiben andere Dinge liegen – auch Dinge, die anderen Menschen vielleicht wichtig sind!
Wo nehme ich das Recht her, meinen etwas seltsamen Wunsch über die Bedürfnisse anderer zu stellen?
Diese Unsicherheit verschwand immer während der Arbeit mit den Pferden. Nach der Arbeitseinheit ging Herr H. in der Regel sehr erfüllt und zufrieden nach Hause.
Sich selbst etwas gönnen. Etwas tun, einfach weil man es tun will und es einem gut tut. Das fällt vielen Menschen schwer. Im Alltag funktionieren wir oft nur und haben vor allem andere und anderes im Blick. Die Arbeit, den Haushalt, den Partner, Freunde …
Wir selbst verlieren uns dabei schnell auch mal aus dem Blick. Und schränken so unsere eigene Freiheit ein.
Dass es schwer fallen kann, sich selbst und seine Bedürfnisse (auch) wieder wichtiger zu nehmen, das zeigt in meinen Augen das Beispiel von Herrn H. sehr eindrucksvoll.
Der Vorteil an der pferdegestützten Persönlichkeitsentwicklung ist dabei, dass der Mensch jederzeit einen Partner hat, der auf seine aktuelle Verfassung reagiert. In den Momenten, in denen es Herrn H. gelang, seine eigenen Bedürfnisse wichtig zu nehmen und in ein Gefühl des Vertrauens und Zutrauens hinein zu kommen, fiel dem Pferd die Entscheidung, sich ihm anzuschließen deutlich leichter.
Wenn auch du dich gerne manchmal wichtiger nehmen würdest, dann ist ein pferdegestütztes Coaching vielleicht genau das richtige für dich!
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Der Fall Herr B. oder: wie Pferde uns den Spiegel vorhalten.